Der Calmont
Steiler geht es nicht einmal an der Mosel: Mit einer Hangneigung von bis zu 60 Grad ist der Calmont der steilste Weinberg Europas.
Steiler geht es nicht einmal an der Mosel: Mit einer Hangneigung von bis zu 60 Grad ist der Calmont der steilste Weinberg Europas. Der gut 290 Meter hohe Hang zwischen den Moselorten Bremm und Ediger-Eller entstand vor 400 Millionen Jahren in der Erdzeit Devon und besteht aus quarzitischem Sandstein Schieferverwitterungsgestein.
Der Steilhang sorgt für eine optimale Sonneneinstrahlung und damit ideale Wachstumstemperaturen für den hier wachsenden Riesling. Hohe Schiefermauern, quer zum steilen Hang gebaut, sichern die weichen Tonschieferböden vor dem Abrutschen und prägen den Terrassenweinbau in Europas steilstem Weinberg. Als „Natur-Amphitheater, wo auf schmalen, hervorragenden Kanten der Weinstock zum allerbesten gedieh“ beschrieb schon der Dichter Johann Wolfgang von Goethe den berühmten Weinberg.
Tatsächlich hat der Calmont eine schon Jahrtausende währende Anbautradition. Der älteste sichere Beleg stammt aus dem epischen Gedicht „De navigo suo“, geschrieben um 588 von Venantius Fortunatus, dem Bischof von Poitiers. Der begleitete damals den Merowingerkönig Childebert II. auf einer Schiffsreise von Metz nach Andernach am Rhein. Schon damals gab es Schiffsreisen auf der Mosel, und schon damals fielen dem Auge des Betrachters die dichtgedrängten Rebstöcke zwischen den Felsen des Steilhanges auf: „Dort, wo steiles Geklüft kostbarste Süße der Beeren zeugt“, schwärmte Venantius, „wo Weinberge belaubt aufstreben zu kahlen Berghöhen“, dort „sammelt die Ernte der gefärbten Trauben der Winzer, selbst am Felshang hänget er, lesend die Frucht.“ So steil seien die Hänge und so kahl der Schiefer, dass hier wohl „selbst der Felsen gebiert und es entströmet der Wein.“
Der schroffe und steile Fels verlangt den Winzern allerdings bis heute harte Handarbeit ab, bis zu 1800 Stunden sind es pro Hektar. Die Trauben müssen auf dem Rücken den steilen Hang hinunter zum Erntewagen getragen werden. Seit den 1990er Jahren hilft eine Monorack-Zahnradbahn bei der Arbeit, auch sie ist ein Stück sehenswerter Weinkultur. Trotzdem bleibt die Arbeit hart, weshalb heute nur etwa 14 der insgesamt 22 Hektar Fläche bewirtschaftet werden. Der Name Calmont soll sich denn auch von lateinisch „calidus“ = warm und „mons“ = Berg ableiten – oder aber vom keltischen „kal“ = hart – also der Felsenberg. Erfahren kann man beides auf dem Klettersteig des Calmont, einem spektakulären Kletterweg, der auch „die Eigernordwand der Weinberge“ genannt wird.